Quentin Deluermoz

Quentin Deluermoz ist Geschichtsprofessor an der Universität Paris Cité und Direktor der Forschungsabteilung „ICT-Les Europes dans le monde". Er hat sich auf die Sozial- und Kulturgeschichte der Ordnungen und Aufruhre im 19. Jahrhundert (Frankreich, Europa, Imperien) und die Epistemologie der Geschichts- und Sozialwissenschaften spezialisiert. Zu seinen Publikationen gehören: Commune(s), 1870-1871. Une traversée des mondes au XIXe siècle, Paris, Seuil, 2020 (Übersetzung ins Englische folgt); A Past of Possibilities: a History of what it could have been (gemeinsam mit P. Singaravelou), Yale University Press, 2021; und Le Crépuscule des révolutions, 1848-1871 (Paris, Band 3 der „Histoire de France Contemporaine", Seuil, 2014). Er ist darüber hinaus (Mit)Herausgeber der Histoires globales des révolutions (mit L. Bantigny, L. Jeanpierre, B. Gobille, E. Palieraki, Paris, La Découverte, 2023), des Bandes D'ici et d'ailleurs. Histoires globales de la France contemporaine (Paris, La Découverte, 2021) und der Sonderausgabe „L'expérience sensible" der Zeitschrift L'Homme: Revue française d'anthropologie (mit H. Mazurel, C. Chamois; 2023, Nr. 3/4 [247/248]). Zusammen mit Kolleg*innen gründete er 2015 die interdisziplinäre Kunstzeitschrift Sensibilités: Histoire, Sciences Sociale et critique.
Geschichte der vergangenen Möglichkeiten und kontrafaktische Geschichten: ein Mittel für eine Zeit der "Post-Wahrheit"?
Es mag einen überraschen, wenn kontrafaktisch argumentiert wird (was wäre passiert, wenn…?), um dies als relevantes Instrument für die Gegenwart einzusetzen. Dieser Beitrag wird aufzeigen, dass die jetzige Verbreitung uchronischer Kulturproduktion in allererster Linie ein Anzeichen unseres veränderten Verhältnisses zur Vergangenheit ist. Dann wird am Beispiel der europäischen Revolutionen von 1848 gezeigt, dass – unter gewissen Voraussetzungen – eine Argumentation dieser Art in den Sozialwissenschaften ein wirksames Analyseinstrument sein kann. Die Beschäftigung mit Pfaden, die in der Geschichte nicht beschritten wurden (und ansonsten jetzt mit Fiktion überladen sind), richtet sich dann nicht notwendigerweise gegen eine Suche nach Wahrheit in der Geschichte. Das erlaubt es uns insbesondere, mit linearen und teleologischen Ansätzen zu brechen. Und im Gegensatz zu Geschichtsfälschungen kann es das Reflektieren des*r Forscher*in stärken. Und schließlich kann es, wenn richtig eingesetzt, ein Forum für eine demokratische Debatte zur Geschichte bereiten: Der Beitrag wird mit einer Präsentation von pädagogischen Experimenten schließen, die 2020-2022 an Sekundarschulen in der Gegend von Paris durchgeführt wurden.
Quentin Deluermoz
Quentin Deluermoz ist Geschichtsprofessor an der Universität Paris Cité und Direktor der Forschungsabteilung „ICT-Les Europes dans le monde". Er hat sich auf die Sozial- und Kulturgeschichte der Ordnungen und Aufruhre im 19. Jahrhundert (Frankreich, Europa, Imperien) und die Epistemologie der Geschichts- und Sozialwissenschaften spezialisiert. Zu seinen Publikationen gehören: Commune(s), 1870-1871. Une traversée des mondes au XIXe siècle, Paris, Seuil, 2020 (Übersetzung ins Englische folgt); A Past of Possibilities: a History of what it could have been (gemeinsam mit P. Singaravelou), Yale University Press, 2021; und Le Crépuscule des révolutions, 1848-1871 (Paris, Band 3 der „Histoire de France Contemporaine", Seuil, 2014). Er ist darüber hinaus (Mit)Herausgeber der Histoires globales des révolutions (mit L. Bantigny, L. Jeanpierre, B. Gobille, E. Palieraki, Paris, La Découverte, 2023), des Bandes D'ici et d'ailleurs. Histoires globales de la France contemporaine (Paris, La Découverte, 2021) und der Sonderausgabe „L'expérience sensible" der Zeitschrift L'Homme: Revue française d'anthropologie (mit H. Mazurel, C. Chamois; 2023, Nr. 3/4 [247/248]). Zusammen mit Kolleg*innen gründete er 2015 die interdisziplinäre Kunstzeitschrift Sensibilités: Histoire, Sciences Sociale et critique.
Geschichte der vergangenen Möglichkeiten und kontrafaktische Geschichten: ein Mittel für eine Zeit der "Post-Wahrheit"?
Es mag einen überraschen, wenn kontrafaktisch argumentiert wird (was wäre passiert, wenn…?), um dies als relevantes Instrument für die Gegenwart einzusetzen. Dieser Beitrag wird aufzeigen, dass die jetzige Verbreitung uchronischer Kulturproduktion in allererster Linie ein Anzeichen unseres veränderten Verhältnisses zur Vergangenheit ist. Dann wird am Beispiel der europäischen Revolutionen von 1848 gezeigt, dass – unter gewissen Voraussetzungen – eine Argumentation dieser Art in den Sozialwissenschaften ein wirksames Analyseinstrument sein kann. Die Beschäftigung mit Pfaden, die in der Geschichte nicht beschritten wurden (und ansonsten jetzt mit Fiktion überladen sind), richtet sich dann nicht notwendigerweise gegen eine Suche nach Wahrheit in der Geschichte. Das erlaubt es uns insbesondere, mit linearen und teleologischen Ansätzen zu brechen. Und im Gegensatz zu Geschichtsfälschungen kann es das Reflektieren des*r Forscher*in stärken. Und schließlich kann es, wenn richtig eingesetzt, ein Forum für eine demokratische Debatte zur Geschichte bereiten: Der Beitrag wird mit einer Präsentation von pädagogischen Experimenten schließen, die 2020-2022 an Sekundarschulen in der Gegend von Paris durchgeführt wurden.